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Wer von einer Vollfinanzierung für das Eigenheim spricht, der meint eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital. Die Bank übernimmt in diesem Fall die Finanzierung des kompletten Kaufpreises zuzüglich Nebenkosten, wie zum Beispiel Notarkosten und Gebühren für den Grundbucheintrag. Es gibt einige Banken, die sich darauf einlassen. Doch nur wenige Kreditnehmer erhalten eine Vollfinanzierung für ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung. Der Beitrag von FINANZCHECK.de erklärt, worauf Bauherren bei der Vollfinanzierung achten müssen.
Wer die Erwerbsnebenkosten bei der Vollfinanzierung selbst übernimmt, vermeidet den Risikoaufschlag.
Eine Vollfinanzierung innerhalb einer Niedrigzinsphase kann wirtschaftlich sinnvoller sein, als eine Finanzierung mit Eigenkapital außerhalb einer Niedrigzinsphase.
Kreditnehmer mit sehr hohem Einkommen haben bessere Chancen auf eine Vollfinanzierung ohne Eigenkapital.
Eine Vollfinanzierung umfasst nicht nur die Kreditsumme für den Kauf oder den Bau einer Immobilie, sondern auch zusätzlich die Baunebenkosten. Darunter fallen folgende Kostenpunkte:
Maklercourtage
Notarhonorar
Gebühren für den Grundbucheintrag
Grunderwerbsteuer
Vorteile der Baufinanzierung ohne Eigenkapital | Nachteile Baufinanzierung ohne Eigenkapital |
---|---|
Hohe Tilgungsleistungen sind keine Seltenheit, dafür ist der Kredit schneller zurückgezahlt | Banken verlangen hohe Tilgungsleistungen |
In Niedrigzinszeiten kann sich eine Vollfinanzierung mehr lohnen, als das Ansparen von Eigenkapital | Die Konditionen der Vollfinanzierung sind zumeist teurer als mit Eigenkapitalanteil |
Vollfinanzierung ermöglicht jungen Familien und Alleinstehenden den Weg ins Eigenheim | Nur wenige Banken bieten Vollfinanzierung an |
Banken, die Vollfinanzierung anbieten, sind oft erfahren und können ausführlich beraten |
Das folgende Rechenbeispiel zeigt, wann eine Vollfinanzierung tatsächlich sinnvoll sein kann. Ausgegangen wird dabei vom Kauf einer Eigentumswohnung für 150.000 Euro. Zudem ist das Zinsniveau im Jahr 2018 sehr niedrig, steigt jedoch bis zum Jahr 2025 stark an – so erklärt sich der höhere Effektivzins.
Finanzielles Mittel | Vollfinanzieung ohne Eigenkapital, Kreditaufnahme 2018, fiktiver Zinssatz inklusive Rsisikoaufschlägen | Finanzierung mit Eigenkapital (EK), zeitlich um Ansparphase für EK um 7 Jahre auf 2025 verschoben, fiktiver höherer Zinssatz |
---|---|---|
Darlehenssumme | 150.000 Euro | 135.000 Euro |
Eigenkapital | 0 Euro | 15.000 Euro |
Effektivzinssatz, 10 Jahre Zinsbindung | 2,8 Prozent | 5 Prozent |
Monatsrate gerundet | 717 Euro | 717 Euro |
Restschuld gerundet | 98.298 Euro | 108.760 Euro |
Ergebnisauswertung: Wird der Kredit im Jahr 2018 als Vollfinanzierung gestaltet, ergibt sich – trotz Zinsaufschlag – nach Ablauf der Zinsbindungsfrist von 10 Jahren eine Restschuld von 98.298 Euro. Das im Jahr 2025 aufgenommene Darlehen hingegen wird mit höheren Zinsen belegt. Diese zehren den Vorteil des angesparten Eigenkapitals in Höhe von 15.000 Euro wieder auf. Nach Ablauf der 10-jährigen Zinsbindungsfrist liegt die Restschuld um 10.462 Euro höher (108.760 Euro). Die Vollfinanzierung mit Start im Jahr 2018 erweist sich somit als die wirtschaftlichere Variante.
Vollfinanzierte Immobiliendarlehen stellen aus Sicht der Banken ein höheres Risiko dar. In der Regel beginnen die Banken bereits damit, Zinsaufschläge zu berechnen, wenn die Darlehenssumme mehr als 80 Prozent des Kauf- oder Baupreises ausmacht. Bei einer zusätzlichen Finanzierung der Erwerbsnebenkosten, also bei der 110-Prozent-Finanzierung, kommt ein Risikoaufschlag dazu, der von den wirtschaftlichen Verhältnissen, dem Immobilienwert und anderen persönlichen Rahmenbedingungen des Kreditnehmers abhängt.
Dieser Risikoaufschlag erfolgt aus einem bestimmten Grund: Finanziert die Bank die Erwerbsnebenkosten mit, übersteigt ihr Engagement den reinen Wert der Immobilie. Auf diesen Kosten bliebe die Bank im Falle der Zwangsversteigerung sitzen. Der Risikoaufschlag schützt die Bank vor der zu erwartenden Differenz zwischen Versteigerungserlös und Restschuld des Darlehens.
Banken wählen Kreditnehmer für eine Vollfinanzierung nach strengen Kriterien aus. Sie richten sich häufig nach der „40-Prozent-Regel“. Diese besagt, dass Darlehensnehmer in Frage kommen, wenn ihre monatlichen Raten zur Ablösung des Kredits nicht mehr als 40 Prozent des monatlichen Einkommens ausmachen. Falls andere Kredite laufen, beispielsweise für die Abzahlung eines Autos, Motorrads, Urlaubs, von Möbeln und anderen Konsumgüter, wird diese Rate mit angerechnet. In der Praxis heißt das, dass alle Kredite zusammengenommen die 40-Prozent-Grenze nicht überschreiten dürfen. Diese Quote beschränkt die maximale Kredithöhe und bedeutet gleichzeitig, dass Kandidaten für eine Vollfinanzierung ein vergleichsweises hohes Einkommen benötigen.
Beispiel: Bei einem Haus mit Vollfinanzierung über 200.000 Euro, einen Zinssatz von 3 Prozent und anfänglicher Tilgung in Höhe von 3,5 Prozent beträgt die Monatsrate 1.083 Euro. Das bedeutet, dass das Nettoeinkommen monatlich bei mindestens 2.707 EUR liegen muss.
Tipp: Wer eine Immobilie finanzieren will, sollte im Vorfeld Konsumschulden beziehungsweise die Aufnahme von Krediten vermeiden.
Banken erwarten von Kreditnehmern, die eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital anstreben, dass sie hohe Tilgungsleistungen erbringen. In Verbindung mit der 40-Prozent-Regel steckt der Tilgungssatz eine weitere Grenze für die Höhe der Monatsrate ab. Im Kern verbirgt sich die Absicht der Bank, vorzugsweise Kunden mit einer Vollfinanzierung auszustatten, die über ein hohes, stabiles Einkommen verfügen.
Die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) spielt bei der Vergabe einer Vollfinanzierung eine wichtige Rolle. Das Register darf im Prinzip keine negativen Einträge aufweisen.
Je höher der Scorewert, desto besser für den Kredit zur Vollfinanzierung der Immobilie. Neben dem Scorewert spielen weitere Faktoren aus der SCHUFA-Auskunft eine Rolle. Jede Bank legt allerdings eigene Maßstäbe an und bewertet die Informationen aus dem SCHUFA-Register nach ihren eigenen Regeln.
Immobilienmakler wissen, dass die Lage die größte Rolle bei einer Immobilie spielt. Das gilt auch bei der Vollfinanzierung. Grund ist, dass das Haus oder die Eigentumswohnung die wichtigsten Sicherheiten für die Bank darstellen. Immobilien in sehr guter Lage haben deutlich höhere Chancen auf eine Vollfinanzierung als Immobilien in schlechter Lage. Denn Objekte in guter Lage sind später wesentlich besser zu verkaufen – das ist es, was die Bank interessiert.
Zusätzlich ist die Ausstattung wichtig. Eine komfortabel ausgestattete Wohnung in guter Lage erzeugt eine höhere Nachfrage am Markt als eine einfach ausgestattete Wohnung. Auch das ist ein gutes Argument aus Bankensicht.
Eine pauschale Regel gibt es nicht, welche Bank eine Immobilien-Vollfinanzierung anbieten. Zudem können Banken jederzeit ihre Angebotspalette verändern und die Vollfinanzierung aus ihrem Portfolio streichen oder diese aufnehmen. Der beste Weg ist, die Suche über einen Baukreditrechner durchzuführen, der die Option „Vollfinanzierung“ zulässt. Dort geben Sie die erforderlichen Daten ein und erhalten eine Übersicht aller Banken, die grundsätzlich bereit sind, eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu unterstützen.
Alternativ dazu lohnt sich die Nachfrage bei der eigenen Hausbank. Sie kennt die finanziellen Verhältnisse ihrer Kunden. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Hausbank über die Stabilität der Einnahmen ihrer Kunden im Detail informiert ist und auf eine gemeinsame Historie mit dem potenziellen Kreditnehmer der Vollfinanzierung blickt:
Gab es in der Vergangenheit bereits Kredite, die regelmäßig bedient wurden?
Überzieht der Kunde sein Konto oft oder hat er immer genügend Geld zur Verfügung?
Wie ist der Lebensstil, welche Ausgaben tätigt der Kunde?
Hausbanken können die Antworten anhand der Kontobewegungen recht gut ablesen. Das wirkt sich auf die Risikoeinschätzung aus.
Die folgende Liste stellt noch einmal die bereits vorgestellten Tipps für die Vollfinanzierung in einer Übersicht dar. Darüber hinaus liefert sie zusätzliche Aspekte, die Kreditnehmer berücksichtigen sollten, um die Chancen auf eine Vollfinanzierung einer Immobilie zu steigern:
Bereits im Vorfeld für Schuldenfreiheit sorgen.
Bei laufenden Krediten die Belastungsquote in Bezug auf das Nettoeinkommen ermitteln. Zusammen mit dem geplanten Kredit darf die Quote 40 Prozent nicht übersteigen.
Die SCHUFA-Auskunft vorab prüfen und mögliche Fehleinträge korrigieren lassen. Es ist hilfreich, die Angaben zu vervollständigen, damit die Bank die Entscheidung auf Basis umfassender, werthaltiger Informationen fällen kann.
Im Zuge der Antragstellung ist Transparenz gefragt: Antragsteller sollten der Bank alle gewünschten Informationen vorlegen und relevante Auskünfte zur Verfügung stellen.
Banken wollen ein Geschäft machen, sie verdienen gut an einer Vollfinanzierung. Kreditnehmer sind gut beraten, sich deshalb möglichst umfassend vorzubereiten und sich mit den Begrifflichkeiten und der Funktionsweise einer Bankfinanzierung vertraut zu machen. Informierte Kreditnehmer erwecken einen seriösen, zuverlässigen Eindruck, was für den Kreditsachbearbeiter bedeutet, dass der Kreditnehmer die Tragweite einer Vollfinanzierung überblickt.
Wenn möglich, sollten Kreditnehmer die Erwerbsnebenkosten selbst finanzieren. Das senkt den Zinssatz, weil der Risikoaufschlag wegfällt. Zudem sinkt die Kredithöhe und damit die monatliche Belastung.
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Patrick Reuter, Diplompolitologe für internationale Beziehungen, hat seit über 20 Jahren Erfahrungen und Expertise in der Banken- und Versicherungswirtschaft. Bereits vor seiner Anstellung bei Finanzcheck.de war Patrick Reuter Experte für Beitrags- und Leistungsrecht von privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen. Seit 2012 ist Patrick Reuter das Herzstück von Finanzcheck.de wenn es um das Wissen auf dem deutschen Kreditmarkt und die bestmögliche Beratung für unsere Kunden geht.
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